Ihr seid wertvoll und wichtig:
Wie wir Mädchen stärken wollen
Die Diskriminierung der Frauen ist ein großes Problem in der indischen Gesellschaft. Ihre Wurzeln liegen in einem patriarchalen System, im „Kasten“-Denken und leider auch in der Armut begründet. In der Lebenswirklichkeit der Slums gilt körperliche Kraft als einziger Garant, um die Familie ernähren zu können. Frauen sind nach dieser Logik weniger wert, da sie nicht zum Verdienst beitragen können. Die Geburt eines Mädchens wird daher vor allem in den untersten Schichten als Schicksalsschlag und Belastung wahrgenommen. Sie werden möglichst früh verheiratet, wofür die Familie des Ehemanns eine hohe Mitgift erwartet. Das Gefühl, weniger wert zu sein, eine Belastung zu sein und der Ausbeutung hilflos ausgeliefert zu sein, treibt leider viele junge Mädchen in den Selbstmord. Es gehört zu Father Franklins traurigsten Nachrichten, wenn er uns von den vielen Todesanzeigen in der Zeitung berichtet.
Der wirksamste Schutz vor diesem Schicksal besteht darin, die Mädchen in unseren Schulen zu gebildeten, selbstbewussten Frauen zu erziehen. Gleichzeitig ist es wichtig, die Lebenswirklichkeit vor Ort anzuerkennen, um die Mädchen nicht in noch größere Konflikte mit ihren Familien und Dorfgemeinschaften zu stürzen. Auch wenn wir das gerne wollten, können wir unsere westliche Vorstellung von Gleichberechtigung nicht 1:1 in den indischen Slums einfordern.
Nähschulen
Als sehr wirksamen Weg hat sich hierbei unsere Nähschule erwiesen, die wir auf dem Schulgelände errichteten und mit Hilfe einer deutschen Nähmeisterin aufbauten. Mittlerweile wurden weitere Schulen gegründet, die vor allem von Ordensschwestern geleitet werden. Der Vorteil liegt ganz klar darin, dass die Mädchen und jungen Frauen ihre Nähausbildung in den Abendstunden parallel zu ihren häuslichen Pflichten abschließen können. Zudem haben sie einen Ort, an dem sie sich außerhalb ihres familiären Umfelds austauschen und gegenseitig stärken können.
Und das Wichtigste: Nach dem zertifizierten Abschluss ihrer Ausbildung erhalten alle Näherinnen eine eigene Nähmaschine sowie Stoffe und Utensilien geschenkt. So müssen sie sich nicht in einer Fabrik ausbeuten lassen, sondern können in ihren vertrauten Nachbarschaftsstrukturen Näharbeiten verrichten und somit zum Ansehen und dem Verdienst der Familie beitragen. Es hat sich über viele Jahre hinweg gezeigt, dass sich diese Frauen so mehr Eigenständigkeit bewahren und ein selbstbestimmteres Leben führen können.